Der Auftrag: zufriedener Fachkräftenachwuchs in Kita und OGS
„Wir können es uns nicht mehr leisten, Leute wegzuschicken, weil sie vielleicht in einem Bereich nicht passen“, bringt es Ausbildungskoordinatorin Kerstin Schäfer auf den Punkt. „Dafür brauchen wir aber auch klare Verantwortlichkeiten und Ansprechpersonen.“ Das hatte auch Bereichsleiter „Kinder und Familie“, Markus Wallmeier, angesichts anhaltender Personalnot vor einigen Jahren erkannt und sich für zwei Koordinationsstellen genau dafür eingesetzt. Schäfer bekleidet seit Anfang 2021 eine der beiden, und zwar für die Kitas im Unterbezirk. Deren Sorgen und Nöte kennt die 63-jährige Sozialarbeiterin bereits aus ihrer zehnjährigen Tätigkeit als Fachbereichsleiterin. Im Mai dieses Jahres kam Eva Isselhorst als zweite Koordinatorin für den Offenen Ganztag hinzu. „Der OGS-Bereich hat es beim Thema Fachkräftegewinnung zusätzlich schwer, weil wir mit Ausnahme der Leitungen in der Regel nur Teilzeitstellen anbieten können“, so die gelernte Erzieherin mit über 20-jähriger Erfahrung als OGS-Schulkoordinatorin der AWO. Mit den beiden Fachberater:innen konnten einige andere Hemmnisse auf der Suche nach Fachkräften beseitigt werden.
„Bevor ich anfing, war jede Kita selbst für ihre BAJler, also diejenigen im Berufsanerkennungsjahr, zuständig“, erklärt Kerstin Schäfer. Und nur die wirtschaftlich starken Kitas konnten das überhaupt leisten. Jetzt läuft das alles über meinen Tisch und jede Kita soll prinzipiell ausbilden können.“ Die Vorteile dieser Zentralisierung liegen auf der Hand: „Wenn ein:e Bewerber:in in einer Kita nicht passt, passt er oder sie vielleicht in einer anderen – oder in der OGS. Vorher war derjenige unter Umständen für uns verloren.“ Verloren waren viele fertige Erzieherinnen und Erzieher früher auch deswegen, weil die Personalbemessungsgespräche erst recht spät stattfanden. „Da hatten dann viele schon Verträge anderer Träger in der Tasche“, so die frühere Kita-Fachbereichsleiterin. Eine ihrer ersten Amtshandlungen bestand 2021 denn auch darin, den Kontakt zu den fast fertigen Jungerziehern im Anerkennungsjahr beim Unterbezirk zu suchen und sie für die AWO zu gewinnen – mit Erfolg: 28 von 35 fertigen BAJlern konnte der Unterbezirk übernehmen.
Seit 2021 hat der AWO-Unterbezirk dann auch deutlich mehr Azubis in Kitas eingestellt. Dabei gewinnt die praxisintegrierte Ausbildung, kurz PiA, stark an Bedeutung. 2021 fingen erstmals 54 potenzielle Nachwuchskräfte in dieser Ausbildungsform an (neben Erzieher:innen auch einige Kinderpfleger:innen), zusätzlich zu 32 BAJlern. 2022 waren es schon 65, während das BAJ nur noch eine marginale Rolle einnahm – eine Entwicklung, die Kerstin Schäfer und Eva Isselhorst begrüßen. Während die Erzieherausbildung vorher aus einer zweijährigen rein schulischen Ausbildung und dem Berufsanerkennungsjahr bestand, erfolgt die PiA drei Jahre lang parallel in Berufsschulen sowie Kitas, OGS oder Einrichtungen der Jugendhilfe. Ein weiterer wichtiger Unterschied: Die Azubis erhalten von Anfang an eine Vergütung. „Das war längst überfällig, um die Ausbildung attraktiver zu machen“, findet Schäfer.
Kehrseite der Medaille: die Finanzierung. Das ist besonders im Offenen Ganztag eine Herausforderung, weiß Eva Isselhorst, denn für Auszubildende gibt es anders als in der Kita keine zusätzlichen Gelder: „Für die OGS stehen vom Land keine zusätzlichen Ausbildungsmittel bereit, sodass die Ausbildung aus der Regelfinanzierung gestemmt werden muss. Ich wünsche mir nicht zuletzt im Hinblick auf den Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz 2026, dass uns die Politik nicht länger als ungeliebtes Stiefkind sieht und wir mit den Kitas gleichziehen.“ Immerhin sind inzwischen 18 junge Menschen in der praxisintegrierten Erzieherausbildung in einer OGS im Unterbezirk, drei befinden sich im Anerkennungsjahr und 16 in der Ausbildung im Rahmen eines dualen Studiums, Studiengang Soziale Arbeit oder Kindheitspädagogik – auch das ein zunehmend nachgefragtes Modell.
Die Anzahl der Bewerber:innen bereitet dem Duo übrigens keine Sorge; aktuell trudeln schon die ersten Bewerbungen für das Ausbildungsjahr 2023/2024 ein. Insgesamt sei der Betreuungsaufwand neben den eigentlichen Ausbildungsinhalten heute aber deutlich höher als früher, meint Eva Isselhorst. Da können auch Themen wie Prüfungsangst oder private Probleme reinspielen. Sie seien Ansprechpartnerinnen für alle Sorgen und Nöte und wollen auch Quereinsteiger:innen und Menschen gewinnen, „die im Leben mal in eine Sackgasse gelaufen sind“, wie die 60-Jährige es ausdrückt. „Es ist wichtig, nah an den Azubis dran zu sein.“ Das geschehe zwar primär über die festen Praxis-Anleiter:innen, die die AWO-Tochter rebeq eigens dafür geschult hat. „Aber wir sind da im engen Austausch und bei Problemen auch direkt vor Ort für die Azubis ansprechbar.“ Auch ein erster Azubi-Tag ist noch in diesem Jahr geplant.
Und wenn sich doch einmal herausstellen sollte, dass es in einer bestimmten Einrichtung nicht passt, könnten Auszubildende heute leichter die Ausbildungsstelle AWO-intern wechseln. Die Abbrecher:innenquote sei entsprechend gering. Auch mit den rund 20 Berufskollegs im Unterbezirk haben Schäfer und Isselhorst bereits eine enge Zusammenarbeit aufgebaut. Eine weitere Aufgabe ist die Öffentlichkeitsarbeit in Form von Präsenz bei Tagen der offenen Tür, Berufsfelderkundungen und Ausbildungsmessen – alles mit einem Ziel, wie Eva Isselhorst es ausdrückt: „am Ende der Ausbildung zufriedene Azubis als Fachkräfte bei der AWO übernehmen zu können“.
INFO
Fachberatung Ausbildung Kita
Kerstin Schäfer
Clemensstraße 2-4
45699 Herten
Tel.: 02366 109135
Fachberatung Ausbildung Schule
Eva Isselhorst
Wildermannstraße 69
45659 Recklinghausen
Tel.: 02361 9316713
Dieser Artikel stammt aus unserem Magazin „AWO erleben!“. Die gesamte Ausgabe steht hier zum Download bereit.