Alles steht und fällt mit den handelnden Personen

Das mit der Wette war eine gute Idee – und ging so: „Christina, ich wette, dass du es nicht schaffst, vom heutigen Abend an bis Ende Juni zwanzig neue AWO-Mitglieder zu gewinnen!“ Es ist ein Freitagabend im April. Aus dem „Stübchen“ der Geschäftsstelle in Bocholt schallt laute Musik. Hits der 80-er bis heute sorgen für gute Stimmung. Bei der Afterworkparty der AWO-Mitarbeitenden tummeln sich rund 50 Gäste. Gerade hatten Christina Figge, Leiterin der Geschäftsstelle, und ich, Mitarbeiter der Projektstelle im Ortsverein Bocholt, die Gäste begrüßt und den Sinn der Veranstaltung mit der Wette anschaulich unterstrichen.

Text: Klaus Rühling
Die Afterworkparty des Ortsvereins Bocholt ist ein sehr gelungenes Veranstaltungsformat. Foto: Klaus Rühling

Wir brauchen da nichts schön zu reden: Die AWO leidet, ähnlich wie viele Vereine, Verbände und Institutionen auch unter sinkenden Mitgliederzahlen. Die Antwort auf die Frage nach den vielfältigen Ursachen, zusammengefasst in einem Satz, lautet: Das Freizeitverhalten der Menschen hat sich verändert. Ungezählte Angebote aus den Bereichen Sport, Natur, Technik, Gesellschaft konkurrieren um die Gunst der Menschen. Zusätzlich kämpft (nicht nur) die AWO mit dem Problem einer ständig wachsenden Überalterung ihrer Mitglieder.

Der Ortsverein Bocholt hat dieses Problem frühzeitig erkannt und mit der Einrichtung meiner hauptamtlichen Projektstelle die Umkehr der rückläufigen Zahlen eingeleitet. Meine Aufgaben sind dabei klar umrissen: Stärkung des Ehrenamtes, Werbung von Neumitgliedern, Motivation zur Mitarbeit der Kolleg:innen, Nutzung sozialer Medien, Bewahrung der vorhandenen sowie Schaffung neuer Angebote. Letztlich ist auch die Wette bei der Afterworkparty ein Tool aus dem reich bestückten Werkzeugkasten mit der Aufschrift „Öffentlichkeitsarbeit“.

Die ersten Schritte waren mühsam. Ehe ich ein „Gefühl“ für die Kultur der AWO entwickelt hatte, vergingen einige Wochen. Wer hat wo was und wann zu sagen, wer sind meine Ansprechpersonen, und nicht zuletzt, wer fördert und unterstützt meine Arbeit? Mein Glück war die Einladung zum Norderney-Wochenende. Dort fanden die Wahlen zum Kreisvorstand Borken statt und ich erhielt wertvolle Einblicke in die Verbandsstrukturarbeit, lernte handelnde und führende Personen kennen.

Die konkreten Aufgaben stimmen wir innerhalb einer Steuerungsgruppe ab, die einmal im Monat zusammenkommt, um die Arbeit für die Projektstelle zu begleiten. In der Steuerungsgruppe arbeiten unter der Leitung von Wolfgang Buschfort: Christina Figge, Angelika Schwinning, Armin Thurow und Sandra Schubert. Beratend kommen Gregor Berning und Sonja Köhler zu manchen Sitzungen dazu.

„Die ersten Schritte waren mühsam. Ehe ich ein „Gefühl“ für die Kultur der AWO entwickelt hatte, vergingen einige Wochen.“

Klaus Rühling

Zunächst habe ich eine Facebook-Seite eingerichtet, auf der die Aktivitäten unserer Ortsvereine aus Isselburg, Rhede und Bocholt veröffentlicht werden. Und was die zu erzählen haben, ist so spannend und vielfältig, dass es aufgrund meiner zeitlich eingeschränkten Projektarbeit nur rudimentär darstellbar ist. Das bedeutet im Umkehrschluss: Es ist dringend notwendig, Ehrenamtler zu finden, die Spaß an dieser Arbeit haben und sich einbringen möchten. Zum zweiten habe ich die Idee eines Foto-Sammelalbums verfolgt. In Anlehnung an die Panini-Sammelalben, passend zur Fußball EM, wurden die Möglichkeiten diskutiert, ein AWO-Album zu erstellen, das in Verbindung mit dem örtlichen Einzelhandel für Öffentlichkeit und Aufsehen sorgt. Fotos der Mitarbeitenden, der Einrichtungen und Angebote, die in Bocholt, Rhede und Isselburg gesammelt werden – eine sehr coole Idee. In der Praxis zeigten sich zwei Probleme: Die Produktion ist sehr teuer und die Akzeptanz in der Bevölkerung eher schwach. Als drittes kümmere ich mich um die Realisierung einer Umfrage in Zusammenarbeit mit Studierenden der FH Bocholt. Wie bekannt ist die AWO im Kreis Borken? Wie schneidet die AWO im Vergleich mit anderen Wohlfahrtsverbänden ab? Welche Wünsche und Anforderungen werden an eine moderne AWO gestellt? Nur drei von vielen Fragen, auf deren Beantwortung wir mehr als gespannt sind. Und schließlich gilt meine Aufmerksamkeit den Mitarbeitenden, die von den Angeboten „ihrer AWO“ überzeugt werden sollen und als Neumitglieder dem Ortsverein ein jüngeres Gesicht geben können. Idealerweise nicht nur als passive Mitglieder, sondern als ehrenamtlich Aktive, die mit neuen Angeboten eine jüngere Zielgruppe erreichen.

Zudem stehen Neuwahlen des Ortsvereinsvorstands an. Der aktuelle Vorstand hat seine Bereitschaft erklärt, bestehenden Angebote wie Bingo, Frühstück und Handarbeit aufrecht zu erhalten. Gerne möchte der Vorstand aber den Weg für junge, neuen Aktive freimachen. Getreu dem Motto unserer Afterworkparty: Tradition Remix – Zukunft im Team. Weitere Aufgaben bis Ende September: Renovierung der Begegnungsstätte, Umsetzung eines Nachfolge-Angebotes nach der Afterworkparty und Nutzung der AWO-APP „Immer dabei“ des Bezirksverbandes, um über Angebote im Ortsverein zu informieren.  Einen Gewinner der anfangs erwähnten Wette gibt es bis zum Redaktionsschluss noch nicht. Die ersten fünf Neuanmeldungen lassen hoffnungsfroh in die Zukunft schauen. Optimistisch stimmt, dass nach der Premiere die Rufe nach einer Wiederholung der Afterworkparty immer lauter werden.

INFO

Verbandspolitik und Öffentlichkeitsarbeit
Sandra Schubert
45699 Herten
Tel.: 02366 109185

Dieser Artikel stammt aus unserem Magazin „AWO erleben!“. Die gesamte Ausgabe steht hier zum Download bereit.